Koalition und Opposition: Ein sehr empfindliches Gleichgewicht

13.03.2023

Ein Kommentar zur Bundespolitik von Dr. Miguel Merino-Pacheco

Das Wochenmagazin „Spiegel“, das für seinen schwer verdaulichen Berichterstattungsstil und seine mangelnde Sympathie für die FDP und für die von dieser Partei proklamierten Freiheitsräume für die Bürger bekannt ist, setzt die verdrehte These in die Welt, unsere Partei wolle eine wahlkämpferische Opposition bilden und gleichzeitig eine Regierungsposition besetzen.

Es scheint jedoch, dass die Spiegel-Analysten die Perspektive absolut verloren haben. Die Positionen, die die FDP in Berlin vertritt, sind alle strikt an den konkreten Formulierungen des Koalitionsvertrages ausgerichtet. Oder an dessen Geist, wenn das Dokument den konkreten Punkt, der auf dem Tisch liegt, nicht abdeckt.

Zum Beispiel die nüchternen Positionen von Finanzminister Lindner, wenn es um die Ausgaben geht. Wir sind jetzt, bedingt durch den Pandemieeinsatz und die Unterstützung für die Ukraine, in einer Situation, die es schwierig macht, die Schuldenannahme in verfassungsmäßigen Grenzen zu halten. Schuldenbremse heißt die Schlüsselwort. Oder die von der FDP seit langem vertretene Prämisse der Begrenzung der Steuerbelastung von Bevölkerung und Wirtschaft zu erfüllen.  Von Opposition ist hier keine Rede, sondern von der Beibehaltung seines Versprechens, das im Grundsatzpapier der Koalition vereinbart wurde.

Vielmehr sind es die Koalitionspartner, die sich über die vereinbarten Paragraphen hinwegsetzen und immer wieder, mit demagogischer Rhetorik begleitet –  ungezügelte Ausgabenpläne präsentieren. So zum Beispiel das destabilisierende Projekt des Ausstiegs aus dem Heizen mit fossilen Brennstoffen innerhalb eines übertriebenen engen Zeitrahmens oder andere demagogisch formulierte Vorhaben, die sich zu atemberaubenden Gesamtzahlen summieren, aber keine detaillierte Aussage darüber enthalten, wofür die Ausgaben getätigt werden sollen. Nur vage Angaben, unter die kein zuständiger Minister seine Unterschrift setzen kann.

Die Strategie scheint darin zu bestehen, maximalistische Forderungen zu stellen, von denen bekannt ist, dass die FDP angesichts ihrer Verpflichtungen gegenüber der Öffentlichkeit nicht akzeptieren kann. Und dadurch eine negative Antwort des Finanzministeriums zu provozieren. Und dann Teile dieser Forderung – oder das gesamte Projekt – in die große Schublade des öffentlichen Vergessens zurückzuziehen. Aber der politische Schaden ist schon gelungen. Einmal geht es darum, den Finanzminister Lindner als den bösen Buben der Nachbarschaft darzustellen, der nichts anderes zu tun hat, als die Pläne der Regierung zu sabotieren, um sich politisch von seinen Koalitionspartnern abzusetzen.

Wenn diese Technik darauf abzielt, die Zermürbung der FDP durch demagogisches Feuer zu erreichen, so scheint sie nun nach hinten loszugehen. Christian Lindner hat angekündigt, dass er nicht große und sehr undetaillierte Ausgaben genehmigen wird, ohne zuvor Transparenz über die Einzelheiten der Anwendung der Mittel zu schaffen.

In einem Punkt muss man der Analyse des Spiegels allerdings Recht geben. Lindner macht doch Politik. Aber indem er sich gegenüber der Öffentlichkeit korrekt verhält.